14.1. - 20.2.2011
Ausstellung, Passagegalerie

Richard Jochum

Unvorhergesehener Gewichtsschwund

Richard Jochum zeigt in der Passagegalerie des Künstlerhauses eine zweiteilige Video- und Soundinstallation, in der erwachsene "Kinder" nach ihren Eltern rufen. Der Vorarlberger Medienkünstler beschäftigt sich in der Installation mit der besonderen Beziehung zwischen einem Sohn und seiner Mutter, zwischen einer Tochter und ihrem Vater.

Die unter dem Titel "Mama" und "Papa" gezeigte Arbeit soll zum Nachdenken über das Verhältnis zu unseren Eltern anregen. So wie in Becketts "Warten auf Godot", bleiben auch in den beiden geloopten Kurzfilmen die Hauptdarsteller – Mama
bzw. Papa – abwesend. Die Videos zeigen das mit unterschiedlichen Färbungen ausgedrückte Rufen nach den Eltern, die nicht kommen. Die Mutter taucht nicht auf, der Vater bleibt abwesend. Die karge Installation in der Passagegalerie – mit zwei Monitoren auf dem Boden und der beleuchteten leeren Wand in einem ansonsten praktisch leeren Raum – unterstreicht die Abwesenheit.

Jochums Installation thematisiert ein existentielles Verhältnis, - Elternbeziehungen, deren Abwesenheit und das Gefühl der Verwaisung - das aufgrund seiner Unmittelbarkeit und der damit verknüpften Erinnerungen vielen unter die Haut geht. Die Verunsicherung ist besonders bei den U-Bahn-PassantInnen spürbar, die sich dem Kunstwerk ausgesetzt fühlen, verstärkt auch durch die spezifische Örtlichkeit des Karlsplatzes samt seiner Drogenproblematik. Der damit verbundene Flair des Unheimlichen unterstreicht die Wirkung einer Installation, in der ein erwachsener Mann “Kind” spielt, oder vielmehr ist, da wir “selbst im Alter noch Kinder unserer Eltern sind”.

“Es geht um unser Verhältnis zu unseren Eltern. Das ist ein ganz großer Teil in unserem Leben. Das geht nie weg und begleitet uns auch noch im Alter”, erklärt Jochum und erinnert an die Tatsache, dass viele Menschen noch auf dem Sterbebett nach ihrer Mutter rufen.

2008 für ein Videofestival konzipiert, reicht die Entstehung der Mama/Papa-Installation in eine Zeit zurück, als der vor kurzem verstorbene Vater des Künstlers 60 Jahre alt wurde: In einem umfangreichen Textbuch unter dem Titel “Vater
Unser” stellte Jochum damals ein Buch zusammen, das auf zwar dadaistische, jedoch sprachlich elaborierte Weise sein Verhältnis zu seinem Vater zum Ausdruck brachte. Vergleichbares schien ihm für seine Mutter unmöglich. Damals verstand der Künstler, dass die Beziehung zwischen einer Mutter und einem Sohn auf etwas anderem als auf der
Sprache basiert und eher durch Zurufen als durch Texte oder Abhandlungen ausgedrückt werden könne.

Während “Mama” von Richard Jochum selbst gesprochen wurde und bis in den U-Bahn-Bereich hörbar ist, kann “Papa”, von Vassiliki Athena Vayenou inszeniert, nur vom Fenster zur Galerie gehört werden.

Mit der Ausstellung im Künstlerhaus ist die Installation nach zahlreichen internationalen Aufführungen zum ersten Mal in Österreich zu sehen. Grund für die rasche internationale Aufnahme sei, so Jochum, die alle Menschen betreffende Thematik, sowie die Universalität des
Begriffs “Mama”, ein Begriff, der in vielen Weltsprachen benutzt wird, d.h. in China genauso wie in Südafrika.

Die Künstlerhaus Kinogalerie zeigt ab dem 1. Februar eine zweite Werkserie von Richard Jochum, eine Arbeit unter dem Titel “Atlas”, in dem er Kopfstände auf Bergspitzen und Großstadtdächern abfilmt und auf den Kopf stellt und damit visuell zu “Atlas”, dem Träger der Welt, wird. Die der griechischen Mythologie entnommene Figur “Atlas” erschließt in einem tieferen Sinn den Titel der Gesamtausstellung “Unvorhersehbarer Gewichstsschwund” und ist bis 31. März im
Künstlerhaus Wien, sowie in einer Variante im Österreichischen Kulturforum in New York im Rahmen der Gruppenausstellung “Alpine Desire” vom 26. Jänner bis 8. Mai 2011 zu sehen.

richardjochum.net

richardjochumprojects.blogspot.com

arlbergbahn.blogspot.com

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