17.11. - 2.12.2012
Ausstellung, Erdgeschoß

FRAME

… eine (inter)aktive Foto-Videoinstallation TEAM[:]niel

Im Rahmen von
Eyes On – Monat der Fotografie Wien


FRAMEs
… die Buntheit des MenschSEINs


Unser MenschSEIN beginnt mit dem Zufall des Geburtsortes, die jeweilige Lebensgeschichte formt unsere Individualität. Um diese herauszuarbeiten, wurden alle Portraitierten mit derselben Frage konfrontiert: „Was ist Ihnen am wichtigsten? Was ist das Besondere an Ihnen, was macht Sie zum Individuum?“

Diese anfänglich simple Frage lässt viele dann doch innehalten. Man ahnt, mit der Antwort Intimes preiszugeben. Will man dies wirklich öffentlich kundtun, sich angreif- und verletzbar machen? Eine sensible Angelegenheit, die noch um eine bildgestalterische Aufgabe erweitert wurde, nämlich die Antwort mittels eines färbigen Rahmens darzustellen.

Es ist nicht einfach, Beuys' Überlegung,  „Jeder ist Künstler“, ästhetisch zu entsprechen. Vom „Künstler-Sein“ sind nun jedoch auch die Betrachter betroffen: Sie werden aufgefordert, ihre Reflexionen direkt ins Bild EINZUSCHREIBEN. Dabei holt sie der Spiegeleffekt in die jeweilige FRAME-Szene und erinnert, dass das, was sie sehen, vor allem die eigenen Moral- und Wertvorstellungen sowie ästhetischen Erwartungen sind. Die Bilder transferieren diese lediglich in für sie wahrnehmbare Empfindungen.
 
Und diese Gefühle sind das eigentliche Thema der Ausstellung, – und somit sind die Besucher die
tatsächlich ausgestellten Objekte. Erst mit diesem Zugang wird man den Arbeiten der Ausstellung gerecht und versteht die Intention der Künstler. Sie schufen Brenngläser für die Selbstwahrnehmung, die unser Selbst beim Wandern durch Platos Höhle in immer neuen Perspektiven spiegelt! Damit wird der Kunstraum zum Denk- und Erkenntnisraum … sein Thema: Das Wesen von Kunst- und MenschSEIN.

Die Einschreibungen tragen davon Botschaft zum nächsten Besucher, der vom passiven Schauen in die  Performance mit dem Bild getreten ist.

…das, was du siehst, ist nicht das Bild
Ein Bild besteht zuallererst nur aus Farbpigmenten auf Papier. Erst unser Blick bildet aus den Farben
und Formen Gegenstände. Erkennen wir als Mitteleuropäer im ABbild zum Beispiel einen Computer, so ist dieser für einen Ureinwohner, der noch nie mit so einem Gerät konfrontiert war, ein unverständliches Etwas.

"Erkennen" ist vor allem ein "Erinnern". Was wir im Moment der Bildbetrachtung spüren, ist das Echo der Vergangenheit, verwoben mit unserem momentanen Moral- und Wertegefüge, das dann den Dingen Bedeutung verleiht.  So wandelt sich das ABbild zum SINNbild, das seine vermeintliche Wirkung ausübt. Was hier jedoch wirkt, ist in Wahrheit jene Macht, die der Betrachter dem Werk zuerst selbst zuschreibt.

Das anerkennende wie ablehnende Urteil über ein Werk ist folglich vor allem der Ausdruck der
persönlichen Weltsicht. Aber wen kümmern solche Erkenntnisse? Die Allgemeinheit will Kunst noch immer weit über sich erhöht sehen und mystifiziert ihre Wirkung, als wären hier magische Kräfte am Werk. Diese Erhöhung ist jedoch nichts anderes als archaischer Animismus.

Wer sich von S. Polkes Werk „Höhere Wesen befahlen: rechte obere Ecke schwarz malen“ nicht befreit, verbleibt in seiner egozentrisch-autistischen Welt, für die er nur Bestätigung sucht!

Die TRANSPARENZ der Bilder …
Bei einem gemalten Bild bleibt unser Blick auf der Oberfläche der Leinwand, und wir bestaunen das handwerkliche Können, das kreative Sujet und die Fantasie des Malers.

Bei der Fotografie hingegen wissen wir, dass es das abgebildete Objekt real geben muss, und zwar so, wie man es sieht. Davon kann sich unser Gehirn nicht wirklich lösen, weswegen wir –in gewisser Weise– „durch das Bild hindurch“ die abgelichtete Person selbst vor uns sehen. Die Bildoberfläche wird zum Aufnahmegegenstand hin „transparent“.

Die unterschiedliche Betrachtungsweise von Malerei und Fotografie zeigt auch die Art und Weise, wie wir über das Bild sprechen:  „Das hat er gut getroffen, das ist nicht so gut dargestellt, …“ lässt erkennen, dass man hier den Maler in die Verantwortung nimmt. Beim Foto hingegen wird mit „Warum hat sie sich gerade so fotografieren lassen?“ die Verantwortung der abgebildeten Person übertragen. Die Transparenz ist ein wesentliches Merkmal des fotografischen Bildes und deswegen in FRAME auch eigens thematisiert. Sie wirkt bei medienskalierten Prominenten ganz anders als beim Normalbürger ...

Das interaktive Bild
Um der Bildtransparenz gegenzusteuern, werden die geFRAMEten Personen ohne ihr Umfeld in einem leeren Bildraum gezeigt. Die ins Bild eingefügten persönlichen Statements erzeugen neben Intimität auch Spannung: Der Blick beginnt zwischen Text und Figur zu oszillieren, und der Betrachter bleibt im Bildraum. Der Druck auf Spiegelfolie belebt das eigentlich tote Bild und interagiert mit dem Betrachter. Einfach starr davor zu stehen, gelingt nicht mehr. Man muss sich bewegen und jene Position finden, die den Bildraum am klarsten wahrnehmen lässt – und das ist oft durch die Spiegelung des umgebenden Raumes nicht einfach. Selbst in der optimalen Sehposition stört noch etwas: das eigene Spiegelbild. Durch seine Präsenz wird die distanziert erhabene und zum Richtersein verführende Position, die man als Besucher sonst gerne einnimmt, unterlaufen. Es erinnert daran, dass das Sinnbild, das man betrachtet, die eigene mentale Konstruktion ist.

Durch die Aufforderung, seine Meinung zum Bild in dieses direkt EINZUSCHREIBEN, wird der Betrachter vollends auf der Bildoberfläche gehalten. Ob er dazu Text oder Zeichnung verwendet, bleibt seiner Intention überlassen.
Damit wird auch Duchamps Meinung,  „der Betrachter vervollständige das Kunstwerk “,  auf unmittelbare Weise geprüft.

Spätestens seit P. Watzlawik ist klargestellt, dass es keine Nichtkommunikation gibt. Verweigerung und Schweigen sagen sehr viel aus. Und dies wiederum verweist auf die Absicht der Künstler: Natürlich ist der Betrachter ebenso frei wie die Kunst. Er muss sich jedoch klar entscheiden: Nimmt er die Intention der Künstler an und versucht ihrer Bedeutungszuschreibung zu folgen, oder schreibt er dem Bild seine eigene Interpretation ein. Das macht ihn dann allerdings selbst zum Künstler und das Werk zu seinem Ready-made. Denn erst die Bedeutung macht aus einem Artefakt ein Kunstwerk!

ARTvideo
Die Frames sind mit den Statements jeweils paarweise positioniert und werden sequentiell in immer neuen Variationen abgespielt. Das erweitert die Betrachtungsebene, denn durch diese Gegenüberstellung nehmen die Statements zueinander Kontakt auf – wie auch im alltäglichen Leben. Sie schwächen sich ab oder verstärken sich. Vermeintlich eindeutige Aussagen werden vage, manche fragwürdig, andere bekommen eine neue Bedeutung – je nach Kombination, die scheinbar Macht über deren Bedeutung hat.

Ist die Konstellation mächtiger als die Aussage selbst? Welchen Wert hat eine Äußerung dann überhaupt und welche Bedeutung folglich das Individuum in seiner Umgebung? Entsteht Bedeutung erst durch die Stellung in der Gesellschaft, beziehungsweise inwieweit werden wir darüber definiert?

teamniel.com

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